Der Tagesspiegel, 12.01.2023
Nicht
Der Rechtsextremist Jair Bolsonaro hat bei den jüngsten Wahlen in Brasilien keine zweite Amtszeit für sich geltend machen können. Auch der „rote Tsunami“, der bei den Midterms in den USA ein Heer von Trumpisten in den Kongress spülen sollte, ist ausgeblieben. Geglättet aber sind die Wogen damit nicht. Die US-Gesellschaft scheint permanent entzweit. In Brasilien ist die Lage nicht weniger dramatisch: Verfeindete Blöcke stehen sich gegenüber, auch hier kursiert die Mär von der „gestohlenen Wahl“, die Anhänger:innen des Ex-Präsidenten zum Sturm auf Regierungsgebäude motivierte.
In Europa steht die Demokratie ebenfalls unter massivem Druck. In Schweden regiert eine Minderheitsregierung, die mit den von Nazis mitgegründeten Schwedendemokraten offen paktiert. In Italien hat es eine Postfaschistin gar zur Ministerpräsidentin gebracht. Auch in vielen anderen europäischen Ländern sind Rechtspopulisten eine dominante Kraft. Das liberal-demokratische Ordnungsmodell wird nicht nur von außen herausgefordert – es wird auch heftig von innen attackiert.
Was aber sind die wesentlichen Merkmale des autoritären Rechtspopulismus? Formuliert dieser ein zur liberalen Ordnung halbwegs kohärentes Gegenprogramm? Lässt sich ein einheitliches Muster erkennen, mit dem Rechtspopulisten, wenn sie einmal an der Macht sind, demokratische Institutionen entkernen? Und schließlich: Aus welchen Quellen speist sich ihr Erfolg? Zunächst sei populistische Politik...