Der Tagesspiegel, 13.3.2017
Chaotische Verordnungen, affektive Testosteron-Politik, postfaktische Nebelkerzen – keine Frage, die ersten Wochen der Regierung Trump wirken, als lebten wir im Zeitalter des Irrationalismus. Den in den „sozialen Hetzwerken“ florierenden Wildwuchs an Verschwörungstheorien könnte man gleichfalls als ein Zeichen zunehmenden Vernunftverlusts lesen.
Nicht lange ist es her, da hatte der Begriff „Rationalität“ noch einen eher zweifelhaften Leumund. Die Aufklärungskritik der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, von der Frankfurter Schule bis zum französischen Poststrukturalismus, hatte die bloß instrumentellen Aspekte der Vernunft und deren eurozentrischen Charakter beschrieben.
Trotz aller berechtigten Kritik an der dunklen Seite der Rationalität, genügt dieser Tage ein kurzer Blick über den Atlantik oder in die Abgründe des Digitalen, um eine alte Einsicht zu bekräftigen: Der Schlaf der Vernunft gebiert Ungeheuer…